Samstag, 22. November 2014

In den deutschen Kinos zu sehen: Ghiblis "Die Legende von Prinzessin Kaguya"



Meine Kritik: 

Die Frage nach einem glücklichen erfüllten Leben stellt sich jedem einzelnen. Die Rolling Stones haben es vielleicht am schnoddrigsten auf eine Formel gebracht: You can´t always get what you want! Der 79-jährige Regisseur Isao Takahata, Mitbegründer des legendären japanischen Trickfilmstudios Ghibli, benutzte nun das älteste Märchen Japans, „Die Mondprinzessin“, um seinerseits ein Fazit zu dieser Frage zu ziehen. Das Ergebnis ist ein melancholisches Meisterwerk, ein todtrauriges Resümee, das trotzdem Mut machen will, seinen eigenen Weg zu gehen und zu finden.
Der gut zweistündige Film liefert darüber hinaus den Beweis, dass ein handgezeichneter Trickfilm eben nicht ein (Klein-)Kindergenre ist, sondern ein eigenständiges Medium, das auf subtile Weise die Fantasie und das Denken anregt. Das hatte Takahata bereits mit seinem Magnum Opus, „Die letzten Glühwürmchen“ aus dem Jahre 1988, auf das Eindringlichste vorgeführt. Zwei Kindern verhungern in den Wirren des Nachkriegsjapan, weil die Gesellschaft versagt – dieser Film gehört zu den beklemmendsten Antikriegsfilmen, zu den besten Filmen überhaupt.
Auch mit Kaguya macht es Takahata dem Zuschauer nicht leicht, denn einfache Muster und Erklärungen gibt es hier nicht, und zudem wird ein ganzes Leben erzählt. Ein altes, kinderloses Ehepaar findet zu Zeiten des feudalen Japan in einem Bambus ein Zauberwesen, das unter ihrer Erziehung zu einem normalen Mädchen heranwächst. Mit den Kindern der Umgebung verbringt Kaguya glückliche Tage, doch sorglos ist dieses Aufwachsen nicht. Sie freundet sich zwar mit dem Köhlerjungen Sutemaru an, doch die ausgelaugte Natur der Gegend zwingt die Menschen in die Armut. Schließlich erhält Kaguyas Ziehvater auf magische Weise eine große Menge Goldes, die er für den weiteren Lebensweg der Tochter verwenden soll. Man zieht in die Stadt, engagiert Anstandslehrer, kauft teure Kleider, kurz, man tut alles, was besorgte Neureiche ihren Kindern angedeihen lassen. Kaguya sitzt in der Falle, denn in für die Zukunft gibt es nur noch eins: die Heirat. Was heißt, sich so teuer zu verkaufen, wie es irgendwie geht.
Mit Geld und Schönheit reichlich ausgestattet, interessiert sich der Adel für diese Prinzessin, ja selbst der Kaiser wird aufmerksam. Doch Kaguya findet eine Form des Widerstands, sie schickt ihre Bewerber aus, um unerreichbare, magische Dinge zu erringen, um selber frei zu bleiben. Aber sie merkt bald, dass niemand dem Schicksal entfliehen kann.
Der Film ist ein hinreißendes Plädoyer für alternative Erzählformen zum derzeit gängigen Hollywood-Muster, er ist ein Schwanengesang auf die Meisterwerke des Studio Ghibli, das nun seine Eigenproduktion einstellen will, und ein Musterbeispiel für das hierzulande allzu unterschätzte Medium der Animation. Und er bietet großartige, nachdenkliche Unterhaltung, die noch lange nachwirkt.
Die Legende der Prinzessin Kaguya Japan 2014, 138 Minuten, R Isao Takahata, M Joe Hisaishi, Shinichiro Ikebe 

weitere Kritiken: 


Keine Kommentare: